Iss mehr Gemüse

Von klein auf hören wir, dass wir unser Gemüse essen sollen. Weil viel Grünzeug auf Kindertellern ein trauriges Dasein fristet, hat Gemüse auch bei vielen Erwachsenen einen schlechten Ruf. Aber damit räumen wir auf. Wer sich einmal bewusst gemacht hat, was Gemüse dem Körper alles Gutes tut, wird sich über jede Bohne, Paprika oder Pastinake auf dem Teller freuen.

Grundbausteine der Ernährung

Unsere Ernährung besteht aus drei Hauptsäulen: Eiweiß, Kohlenhydrate und Ballaststoffe. Jede dieser drei Säulen hat mit einem eigenen Vorurteil zu kämpfen: Mit Ballaststoffen kann unser Körper sowieso nichts anfangen, Eiweiße sind das A und O für den Muskelaufbau und Kohlenhydrate machen dick. Garniert wird die Ernährung dann noch mit allerlei Spurenelementen, die für den menschlichen Körper lebensnotwendig sind, die er aber nicht selbst herstellen kann und deshalb über die Nahrung aufnehmen muss. Auf eine weitere Aufschlüsselung der Spurenelemente wird hier verzichtet.

Hier geht es um Ballaststoffe und wie unser Körper sie nutzen kann. Ballaststoffe sind vor allem in Obst und Gemüse enthalten. Es handelt sich um Pflanzenfasern, weshalb Ballaststoffe im Englischen auch „fibre“ genannt werden.

Bedarfsempfehlungen an Gemüse

Dass Gemüse gesund ist, ist auch im Volksmund bekannt. Doch wie viel Gemüse sollte ein Erwachsener täglich essen, um sich gesund zu ernähren?

Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt eine Mindestmenge von 400 g Obst und Gemüse pro Tag für einen Erwachsenen. Dabei bezieht sich die WHO auf ihrer Website [1] bei dieser Empfehlung auf eine Expertenkonsultation aus dem Jahr 2003, um chronische Krankheiten zu reduzieren. [2]

Dr. Matthias Riedl, einer der Ernährungs-Docs des NDR, Internist und Ernährungsmediziner empfiehlt den Verzehr von 500g Gemüse pro Tag. Diese Empfehlung untermauert er mehrfach in seinem Podcast „Dr. Matthias Riedl – So geht gesunde Ernährung“. Dort weist er auch darauf hin, dass neben der Menge auch eine bunte Vielfalt an Gemüse angestrebt werden sollte, mit einem Richtwert von 25 verschiedenen Gemüsesorten pro Woche. In seinem Buch „Artgerechte Ernährung“ gibt er eine Bandbreite alltagstauglicher Tipps und Erklärungen rund um Ernährung. [3]

In ihrem Buch „Der Glukose-Trick“ [4] erklärt die Autorin Jessie Inchaspé die Rolle der Ballaststoffe in der menschlichen Ernährung und die Superkraft der Ballaststoffe, den Blutzuckerspiegel konstant zu halten. Besonders als Vorspeise vor den Mahlzeiten können die Ballaststoffe von rohem Gemüse ihre Superkräfte ausspielen.

Noch tiefer in die Welt der Ernährung und der Verdauung taucht Giulia Enders in ihrem Buch „Darm mit Charme“ [5] ein. Hier gibt es keinen Zweifel mehr, dass unser Körper Ballaststoffe braucht. Denn Ballaststoffe sind das Beste für unsere Darmflora. Ja, es ist etwas dran an dem Gerücht, dass unser Körper mit Ballaststoffen nichts anfangen kann. Denn nicht unser Körper, sondern die Bewohner unseres Körpers, die Darmflora, hat ein großes Interesse an den Ballaststoffen in unserer Nahrung.

Eine schlechte Nachricht: Kartoffeln zählen nicht zu den 500 g Gemüse. Wegen ihres hohen Kohlenhydratgehalts durch die Stärke werden Kartoffeln bei den Ballaststoffen nicht berücksichtigt. Zur Aufmunterung: Als Beilage zu anderen Gemüsesorten wie Lauch, Brokkoli oder allen Kohlsorten sind Kartoffeln willkommen.

Wie wirken Ballaststoffe

Ballaststoffe, wie sie in Gemüse vorkommen, gehören zur Familie der Kohlenhydrate. Sie kommen als lösliche und unlösliche Ballaststoffe in Obst- und Gemüsesorten vor. Die Aufnahme von Ballaststoffen geht also Hand in Hand mit dem Verzehr von Obst und Gemüse. Hierin liegt bereits die erste wichtige Wirkung der Ballaststoffe. Sie wirken wie trojanische Pferde, denn Obst und Gemüse enthalten wichtige Spurenelemente wie Vitamine, Antioxidantien und Mineralstoffe.

Glückliche Darmflora

Ballaststoffe gelangen oft unverdaut durch den Magen in den Darm, wo ihre Reise erst richtig beginnt. Unser Darm ist reich besiedelt mit Darmbakterien, auch Darmflora genannt. Diese kleinen Bewohner sind bestens dafür ausgerüstet, Ballaststoffe aufzuspalten und daraus wichtige Bausteine für den menschlichen Körper zu gewinnen. Nach dieser Vorverdauung sind die Bestandteile der Ballaststoffe für uns Menschen von Nutzen und werden über die Darmwand aufgenommen. Wir sollten viel Obst und Gemüse essen und damit unserer Darmflora reichlich den Tisch decken.

Regulierung des Blutzuckerspiegels:

Durch die Aufnahme von Ballaststoffen bildet sich im Verdauungstrakt eine gelartige Masse. Dieser Schutzmantel im Darm erschwert die Aufnahme von Zucker und anderen Giftstoffen, die häufig in unserer Nahrung enthalten sind. Die erschwerte Zuckeraufnahme durch die Darmwand führt auch dazu, dass der Blutzuckerspiegel nach der Nahrungsaufnahme langsamer ansteigt. Jessie Inchaspé beschreibt ausführlich wie schnelle Blutzuckeranstiege, so genannte Peaks, gesundheitsschädliche Folgen für den Körper haben. Ein plötzlicher Anstieg des Blutzuckers kurbelt unter anderem die Insulinproduktion an. Besonders als Vorspeise vor den Mahlzeiten können die Ballaststoffe aus rohem Obst und Gemüse ihre Superkraft der Hemmung der Zuckeraufnahme entfalten.

Gesundes Essverhalten

Gemüse auf dem Teller trägt zu einem gesunden Essverhalten bei. So quellen beispielsweise die unlöslichen Ballaststoffe im Körper auf, was zu einem frühzeitigen Sättigungsgefühl und damit zu einer Appetitregulierung führt. Außerdem ist das Kauen von 300 kcal Blattspinat wesentlich anstrengender und zeitaufwendiger als das Kauen von 300 kcal Spaghetti. Durch das von der Natur vorgesehene längere Zerkleinern wird die Nahrungsaufnahme durch Ballaststoffe auf ein gesundes Maß verlangsamt, was ebenfalls ein natürliches Eintreten des Sättigungsgefühls begünstigt.

Lösung: Gemüse

Damit ist klar: Wir brauchen Ballaststoffe in unserer Ernährung, und zwar nicht zu knapp. Denn 500 g Obst und Gemüse entsprechen laut WHO fünf Portionen. [1] Um diesen Bedarf zu decken, ist es sinnvoll, zu jeder Mahlzeit Gemüse zu essen. Zum Frühstück zum Beispiel etwas Kresse, Radieschen und Tomaten aufs Brot oder Äpfel, Birnen und Rosinen ins Müsli. Mittags bietet ein Vorspeisen-Salat eine tolle Möglichkeit, Gemüsepunkte zu sammeln, denn hier kann nach Lust und Laune und je nach Vorrat gemischt werden. Als Sahnehäubchen können Kerne und Nüsse dazugegeben werden, um zusätzlich pflanzliche Fette aufzustocken. Den Bärenanteil der Ballaststoffe werden durch die große Mahlzeit gedeckt. Hier sollte der Gemüseanteil gerne bis zu 50% betragen, egal ob vegan, vegetarisch oder mit Fleisch.

Literatur

[1] WHO, Healthy Diets, April 2020 , https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/healthy-diet

[2] WHO, Diet, nutrition, and the prevention of chronic diseases: report of a joint WHO/FAO expert consultation. Vol. 916. World Health Organization, 2003.

[3] Riedl, Matthias. Artgerechte Ernährung: Heilung für Beschwerden, die Ärzte ratlos machen. GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH, 2019.

[4] Inchauspé, Jessie. Der Glukose-Trick: Schluss mit Heißhunger, schlechter Haut und Stimmungstiefs-Wie man der Achterbahn des Blutzuckerspiegels entkommt-Mit Selbsttest und 15 überraschenden Ernährungs-Hacks. Heyne, 2022.

[5] Enders, Giulia. Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ-aktualisierte Neuauflage. Ullstein eBooks, 2014.

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