Kann Mobilität auch nachhaltig?

Wenn es um Klimasünden geht, denken wir an Flugzeuge. Das Thema nachhaltige Mobilität wird heiß diskutiert, eine allgemeingültige Antwort gibt es noch nicht. Ich werde hier einige interessante Denkanstöße zu den Themen Infrastruktur und Auslastung im Personentransport geben, die in der Diskussion um nachhaltige Mobilität manchmal zu kurz kommen.

Wie wird die Klimabelastung verschiedene Transportmittel verglichen?

Gerne wird heutzutage von Buchungsportalen direkt eine Berechnung der CO2 Einsparung angegeben, egal ob bei der Bahn, dem Leihfahrrad, der Autostrecke oder beim Flugzeug. Doch worauf beziehen sich diese Rechner?

Diese Rechner berücksichtigen allgemein: die Entfernung, die Anzahl der Personen und den Treibstoffbedarf des gewählten Verkehrsmittels. Daraus werden die Gramm CO2-Äquivalente pro Person und Kilometer errechnet. CO2-Äquivalente bedeutet, dass verschiedene Klimagase berücksichtigt werden, aber auf die Klimawirksamkeit von CO2 umgerechnet werden. Die genauen Werte der benötigten Klimagase des Verkehrsmittels basieren auf Herstellerangaben. Es ist keine Überraschung, dass sich jedes Unternehmen die Werte und Berechnungen so zurechtlegt, dass es selbst am besten abschneidet. Als Verbraucher ist es nicht mehr nachvollziehbar, wer jetzt Recht hat.

Es gibt also schon bei der Berechnung viele Knackpunkte. Nach dem Motto: Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast, gilt es wachsam zu sein. Es gibt noch weitere Gründe, diese Berechnungen kritisch zu hinterfragen, denn neben den Schwachstellen in der Berechnung gibt es noch weitere Aspekte, die gerne nicht berücksichtigt werden, um das eigene Verkehrsmittel möglichst nachhaltig darzustellen. Um dir als Verbraucher etwas mehr Klarheit zu verschaffen und deinen eigenen kritischen Blick zu schärfen, hier ein paar Denkanstöße.

Was gerne unter den Teppich gekehrt wird

Die Infrastruktur wird bei der Berechnung der CO2-Emissionen einer Fahrt oft nicht berücksichtigt. Unter Infrastruktur versteht man alle baulichen Maßnahmen, die für das Verkehrsnetz notwendig sind. Beim Auto sind das zum Beispiel: Autobahnen, Tunnel, Brücken, Straßen, Tankstellen, Parkplätze, bei der Bahn: Gleise, Tunnel, Bahnhöfe etc. Für den Bau dieser Infrastrukturen werden oft sehr große Mengen an Baustoffen wie z.B. Beton benötigt, deren Herstellung sehr ressourcenintensiv ist. Eine Berücksichtigung dieser Emissionen wäre sehr wichtig, um ein realistisches Bild der Klimawirkung zu berechnen. Allerdings ist die Berücksichtigung auch nicht trivial, zum Beispiel die Lebensdauer kann ohne Glaskugel nur als Annahme festgelegt werden muss aber für die Berechnung angegeben werden.

Auch bei der Berücksichtigung der Auslastung wird gerne getrickst um die eigene Mobilität aufzuwerten. Die Auslastung ist entscheidend für die Nachhaltigkeit eines Verkehrsmittels, denn egal wie wenig Energie etwas benötigt, wenn ich die Energie tausendmal aufwenden muss, ist das deutlich mehr als einmal eine mittlere Summe. Klassisch: Kleinvieh macht auch Mist. Ein Beispiel, wie hier die Zahlen für den Verbraucher intransparent aufgehübscht werden können: Bei konzern- oder brancheninternen Berechnungen wird oft mit der durchschnittlichen Auslastung gerechnet. Realistischer wäre aber der statistische Normalfall. Dieser kleine, aber feine Unterschied kann die Ergebnisse stark beeinflussen.

Wie schneiden verschiedene Transportmittel ab?

Bezieht man das Erbauen von Infrastrukturen und deren Unterhalt in eine Nachhaltigkeitsbewertung von Transportmöglichkeiten mit ein, so wird die ansonsten umweltfreundliche Bahn stark benachteiligt und das Flugzeug enorm begünstigt. Das ist leicht nachvollziehbar, denn das Flugzeug benötigt nur den Flughafen, die Bahn hingegen zahlreiche Bahnhöfe, Streckenkilometer, Weichen, Bahnübergänge etc. Ist die Bahn also nicht so klimafreundlich? Doch, die Bahn ist sie nach wie vor Testsieger, unter anderem da die Bahn ganz ohne fossile Brennstoffe auskommt.

Wenn man die Emissionen von Auto und Bahn vergleicht, liegt das Auto aufgrund der fossilen Brennstoffe natürlich weit hinten. Sind dann Elektroautos nicht eine super Alternative? Nein, denn das Auto schneidet auch bei der Auslastung schlecht ab. Die durchschnittliche Auslastung von 1,5 Personen pro Auto, entspricht bei 4,5 Sitzplätzen einer Auslastung von 33%. Die Bahn hingegen schneidet sowohl bei der durchschnittlichen Auslastung als auch im statistischen Normalfall von rund 40% deutlich besser ab.

Nur der Fernbus kann die Bahn (gelegentlich) übertreffen als nachhaltige Mobilität. Denn Fernbusse erreichen im statistischen Normalfall eine Auslastung von bis zu 60% und benötigen neben den Autobahnen kaum weitere Infrastruktur. Wie die längeren Fahrzeiten und das Mikroplastik durch den Reifenabrieb in dieser Rechnung berücksichtigt werden sollen, ist allerdings auch noch nicht diskutiert.

Zwei Dinge sind klar:

  1. Der Vergleich ist kompliziert. Und mit den aufgezeigten Gesichtspunkten Infrastruktur und Auslastung wird die Diskussion auch nicht einfacher oder eindeutiger. Es ist jedoch definitiv nicht verkehrt, diese Aspekte in Diskussionen über nachhaltige Mobilität mit zu bedenken.

2. Am nachhaltigsten ist der Personenverkehr, der nicht stattfindet. Unnötige Fahrten, Kurztrips mit dem Sportwagen und Leerfahrten von Flugzeugen müssen reduziert werden. Hier sind wir als Privatpersonen, aber auch alle beteiligten Unternehmen gefordert.

Wo könnte die Mobilität in Zukunft hingehen?

Große Verbesserungspotentiale gibt es bei der Auslastung der PKW. Hier hoffe ich auf einen gesellschaftlichen Wandel. Weg vom großen, leeren Auto welches zum Pendeln verwendet wird. Die Autos sind oft viel zu groß, weil damit auch die ganze Familie auf Urlaub fahren können soll. Stattdessen könnten gemeinsam genutzte Leihwägen für die wenigen Fahrten, wo es größer sein soll und kleinen Flitzern mit Reichweite zum Arbeitsplatz und zurück für den Alltag eine echte Alternative sein. Ohne Abstriche in Flexibilität und Comfort. Mit einem Balkonkraftwerk kann dieses Konzept auch für den Geldbeutel in ländlichen Wohnsituationen eine echte Alternative sein.

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