Oh Tannenbaum. Wie tot du bist.

Der Weihnachtsbaum ist das Symbol für Weihnachten schlecht hin. Aber, was sieht man wenn man eine so fest integrierte Tradition wie unseren Weihnachtsbaum unter die Lupe nimmt. Können wir unsere Entscheidungen mit: Das gehört zu Weihnachten, das muss so für das Fest der Freude, rechtfertigen?

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Und vor allem, will ich einfach so mit machen, einen der 25 Millionen Tannenbäumen allein in Deutschland aufstellen? Oder will ich nach einer kleinen Änderung der Perspektive das gar nicht mehr und vermisse es deshalb nicht? Aber erstmal zurück zum Anfang.

Warum haben wir Tannenbäume?

Weihnachten, das Fest zur Geburt Jesus… Gut, nicht so weit von Vorne. Heutzutage kommen wir zusammen in den Familien, Beschenken uns und Freuen uns des Lebens. Der religiöse Hintergrund versteckt sich hinter dem Höhepunkt Weihnachtens, der Bescherung unter einem bunt geschmückt und funkelnden Weihnachtsbaum. Weihnachten ist sinnbildlich für Gute Laune, Harmonie, Glück und Frieden. Laut der Webseite meinetanne.de [1] wurde der zuvor heidnische Brauch des Weihnachtsbaum nur widerwillig von der katholischen Kirche aufgenommen. Also, für die religiös angehauchten hier, das ist schon mal kein Grund, den Baum nicht im Wald zu lassen.

Aber aktuell ist es noch einen gängige Tradition, besonders das Schmücken wird zelebriert. Hier hört man von jeder Familie so ihre eigenen Bräuche. Wie alle Traditionen geben sie uns Struktur und Geborgenheit durch ihre Vertrautheit. Abstrakt gesehen ist es auch wahrlich erfreulich, dass ein Raum durch Farbenspiele, Dekorationen und Texturen transformiert wird. Die Dekorationen erzählen Geschichten, da sie Jahr für Jahr das Fest mit feieren. Sie werden zu einer Sammlung. Der Duft der Tanne, gemischt mit duftende Kerzen und manchmal gebackener Zierelementen wird das Wohnzimmer in ein Festsaal mit Erlebnisfaktor verzaubert. Und hierzu kann ich nur sagen: Das Spektrum an Deko reicht von ökologisch und Jahrzehnte Haltbar bis zu Einmal-Plastik. Hier kann mit wenig Aufwand und Kosten auf regional oder nachhaltige Dekorationen zurückgegriffen werden um den ökologischen Schaden durch Weihnachten gering zu halten.

Aber nun zum Elefant im Raum: Der Weihnachtsbaum. In Deutschland werden laut dem NDR Doku [4] 25 Millionen Weihnachtsbäume jedes Jahr aufgestellt.

Wo kommen unsere Weihnachtsbäume her?

Laut Aussage einer Dokumentation über Weihnachtsbäume von WDR Nord im Jahre 2019 werden ein Drittel der aufgestellten Tannen in Deutschland angebaut. Hoch Regionen hierfür ist das Saarland aber auch in Schleswig Holstein werden viele Weihnachtsbäume gezogen. Der größte Import kommt mit Abstand von unserem Nachbarland Dänemark. Mit 2.6 Millionen im Jahr 2012, laut [3]. Und bei den Tannenarten gibt es einen klaren Favoriten: Die Nordmanntanne. Die Nordmanntanne ist nach etwa 12 Jahren bereit für das Wohnzimmer.

Der Lebenszyklus der Weihnachtsbäume ist lange. Die einzelnen Schritte sind in etwa wie folgt:

  • Tannenzapfen werden von den Spitzen großen Tannen in der Natur geerntet
  • Die befruchtete Kerne werden aus den Tannenzapfen entfernt als Saatgut
  • Ein Jahr vor Aussaht beginnt die Vorbereitung des Bodens, damit ausreichend Nährstoffe vorhanden sind. In Form von Zugabe von Gründünger, Desinfizieren des Bodens mit Wasserdampf etc. [4]
  • Dann die Aussaht. Die Samen werden nach dem Aussähen mit Sand bedeckt, für das perfekte Klima, Frost- und Hitzeschutz
  • Nach 3 bis 4 Jahre werden die Züchtlinge als kleine Pflanzen verkauft. Denn mit zunehmender Größe benötigen sie mehr Platz um sicher herum, [4]. Sie werden mit 1,1 m Fläche pro Tanne eingepflanzt
  • Ab einer Größe von 1,2 m werden die Tannen erneut ausgesiedelt, denn dann reicht ein Abstand von 1,1 m ringsrum nicht mehr, [4]
  • Damit die Tannen ungestört wachsen können muss während des gesamten Lebenszyklus das umliegende Unkraut bekämpft werden. Hier werden konventionell Pesitzide eingesetzt. Biologische Alternativen sind hier Schafe: Dünnger und Rasenmäher in einem
  • Durch den dichten Bestand sind Läuse und Milben ein großes Risiko für die Landwirte. Je früher der Befall erkannt wird, desto mehr Bäume können gerettet werden. Im konventionellen Anbau wird hier meist nach der Devise: Mehr hilft mehr mit Mitteln gegen die natürlichen Besucher vor gegangen.
  • Auch Pilze stellen eine Gefahr für den perfekten Weihnachtsbaum dar und müssen behandelt werden.
  • Während des gesamten Wachstums des Baums wird regelmäßig Formschnitt betrieben. Dies wird meist händisch durchgeführt und dient als Haarschnitt für den Baum, damit er am Ende ein prachtvolles, gleichmäßiges Kleid an Zweigen entwickelt.
  • Die Spitzenpflege ist besonders wichtig für die Weihnachtsbäume, da im Verkauf viel Wert auf eine schöne Spitze gelegt wird. Deswegen werden schon frühzeitig die Nährstoffleitungen in der Spitze gekappt, damit diese nicht überproportional wächst. Dieser Schritt bedarf viel Fingerspitzengefühl. Denn zu stark gequetscht stirbt die ganze Spitze ab und der Schuss geht nach hinten los.
  • Vor dem Fällen werden die Bäume bereits verkauft. Die Verhandlung zwischen den Großhändlern und Landwirten wird durchgeführt und die Bäume mit farbigen Etiketten gekennzeichnet.
  • Wann ein Baum bereit ist für den Verkauf hängt von der gewünschten Größe ab. Bei der Nordmanntanne fürs Wohnzimmer ist das in Etwa nach 12 Jahre Wachstum, Pflege und Pestizide.
  • Die ausgewählten Bäume werden gefällt. Ab September beginnt die Hochsaison für die Arbeiter. Das Fällen wird händisch oder mit einem elektrischen Kneifer durchgeführt. Der Trimm der untersten Äste kann nur mit einer Kettensäge vorgenommen werden, da jeder Baum individuell für den Baumständer vorbereitet wird.
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  • Nach dem Fällen werden die Bäume direkt eingepackt. Eine Neuheit ist das Verkaufen von Bäumen mit gebohrtem Loch im Stamm. Ein genormtes Loch welches den Aufbau auf einem Ständer kinderleicht macht. So steht der Baum sicher und kerzengrade.
  • Die in Kunstoff Netze eingepackten Bäume werden für Transport verladen und zu den Verkaufstellen, Gärtnereien, Weihnachtsmärkten etc. geliefter.

Bei so einer langen Anbauphase ist es natürlich entscheidend, wie der Landwirt mit Fragen wie Pestiziden und anderen Chemikalien umgeht. Denn die Entscheidungen haben durch die vielen Jahre und massenhafte Bäume ein sehr großes Ausmaß. Und bei dieser Frage gibt es unzählige verschiede Antworten und Begründungen. Wenn man also die Frage der Notwendigkeit eines Tannenbaums hinten an stellt, dann sollte die Frage nach der Nachhaltigkeit des Tannenbaums berücksichtigt werden.

Laut WDR [2] zahlen wir seit etwa zehn Jahren im Durchschnitt 24 Euro für einen Weihnachtsbaum. Allerdings werden davon 91% der Bäume aus konventionellen Anbauten gewählt. Gefolgt von 8% Plastikbäumen. Damit sind es nur 1% der Tannenbäumen, welche aus Bio Anbau gekauft werden. Und zufolge der gleichen Quelle sind diese Bäume meist nur geringfügig teurer. Dafür dürfen diese Bäume sich selbst gegen Pilze, Milben und Läuse schützen, werden von Schafen freigefressen und dürfen auch mal nicht tief saftiges dunkelgrün aufweisen, oder eine doppelte Spitze haben. Sie dürfen individuell sein wie die Natur es ist.

Wie geht es unserem Tannenbaum nach Weihnachten?

Im neuen Jahr hat der Baum dann ausgedient. Die Nadeln fallen meist schon lästigerweise ab und die Gäste sind wieder abgereist. Endlich wieder Platz im Wohnzimmer wenn der Baum raus fliegt. Dafür gibt es meist regionale Abholsysteme, welche die Bäume abholen. Alternativ kann er zu einer Grünabfallsammelstellen oder einem Wertstoffhof gebracht werden. Wer Bedarf und Muse hat kann ihn als Dünnger im Garten verkompostieren. Ansonsten bleibt die Abgabe an Zoos für große Tiere oder der Holzofen. Solch ein Downcycling erfahren allerdings nur die wenigsten Tannenbäume.
Der Baum, welchen wir gemäß unseren an Perfektion grenzenden Maßstäben händisch ausgewählt haben, geschmückt und unter ihm gesungen, schmeißen wir auf die Straße, als Müll. Er ist ein Einmalprodukt. Dabei stecken darin 12 Jahre Pflege und Kosten.

Unter diesem Hintergrund habe ich die Eingangsfrage reflektiert. Können wir wirklich mit: Das gehört zu Weihnachten, das Muss so für das Fest der Freude, rechtfertigen? Als religiös angehaucht aufgewachsen liegt mir das Weihnachtsfest sehr am Herzen. Oft ist es das einzige Mal im Jahr wo ich mit meinen Geschwistern zusammen komme. An den Feiertage werden alle Verwandten besucht. Es ist eine schöne Tradition, welche wir mit viel Freude, Liebe und Geborgenheit pflegen. Seit wir Kinder erwachsen geworden sind, hat sich die Tradition angepasst. Einen Weihnachtsbraten gibt es bei uns in der Familie schon viele Jahre nicht. Nur bei Oma am ersten Feiertag. Wir wechseln uns ab mit Raclett und Käsefondue oder auch ein Marronenkuchen. Viele meiner Tipps und Erkenntnisse in dem Artikel: Nachhaltig Schenken von letzter Woche werden auch so bei unserer Bescherung angewendet.


Meine persönliche Antwort: Wir brauchen keinen Weihnachtsbaum. Vielmehr blutet mir das Herz, wenn ich die grünen, vitalen, von Lebensfreude strotzenden Tannen abgeschnitten sehe. Wenn ich zusehe, wie täglich das letzte Leben aus dem so hoffnungsvollen Baum weicht. Da kommt es nur zu gelegen, dass wir schon seit ich denken kann die Geschenke unter einer Decke versteckt sammeln. Denn so können wir auch ohne Tannenbaum im Wohnzimmer mit einer Grippe, Lichterketten, Kerzen und Geschenken die Geschichte Weihnachtens voller Freude, Frieden und Geborgenheit feiern. Und die liebe Tanne, kann noch viele Jahre auf ihrer Spitze die Vögel zum zwitschern empfangen.

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Für die absoluten Tannenbaum-Fans.

Da das Thema Nachhaltigkeit immer mehr Gehör findet passt sich der Markt an. Es wird gewittert, dass hier Geld zu machen ist. Undzwar: Tannebäume als Leihgabe. Vom Prinzip her eine tolle Idee. In der Umsätzung ist der aktuelle Stand:

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Sobald das Bedürfnis nach einem Weihnachtsbaum zurückkehrt werde ich solche Angebote ausprobieren. Es erscheint mir sehr gelungener Ansatz der Problematik. Nach wie vor müssen die Tannen mühevoll großgezogen werden. Aber wenn sie mehrfache Anwendung finden, dann können jahrelange Pflege eingespart werden. Und sie erfüllen ihren Zweck genauso wie ihre herkömmlichen Vorgänger.

Auch habe ich bei Bekannten schon Weihnachtsbäume gesehen, welche aus Holz jedes Jahr zusammengesteckt werden und mit grünen Zweigen dekoriert, Video-Link.

Quellenangaben:

  1. meinetanne.de, Weihnachtsbaum Geschichte, Webseite, 08.12.2021 Link
  2. WDR Doku, Woher kommt unser Weihnachtsbaum, YouTube, 08.12.2021, Link
  3. Grieß, A. (2013). Woher kommen unsere Weihnachtsbäume?Statista. Statista GmbH. Zugriff: 12. Dezember 2021. Link
  4. NDR Doku, Oh Tannebaum: Das Geschäft mit Weihnachten, YouTube, 10.12.2021, Link

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