Angst im Dunklen

Ich habe Angst im Dunkeln. Wenn ich mit meinen Mitmenschen darüber spreche, fühle ich mich oft nicht ernst genommen. Wie diese Angst meinen Alltag beeinflusst und woher sie kommen könnte, werde ich hier beschreiben. Denn ich vermute, dass ich mit meiner Angst im Dunkeln nicht allein bin.

Warum möchte ich darüber reden?

Die Angst ist da und macht mir manchmal den Alltag schwer, auch in Situationen, in denen ich weiß, dass es nicht logisch ist. Das die Angst unbegründet ist höre ich auch oft aus meinem Umfeld. Aber trotz aller Vernunft kann ich mich nicht von der Angst befreien. Die Statistiken über Gewalt- und Sexualverbrechen an Frauen sind erschreckend, die Dunkelziffer ist sicher noch viel höher. Deshalb gehe ich davon aus, dass auch andere Frauen, egal welchen Alters, mit dieser Angst leben. Durch das Internet haben wir viele Tabus brechen können und dabei festgestellt, dass wir nicht so Einzelfälle sind, wie wir uns oft vorstellen, Stichwort #metoo.

Woher könnte diese Angst kommen?

Ich kann hier nur meine ganz persönlichen Erfahrungen und meine heutigen Ängste schildern. Kurz gesagt: Ich glaube, meine Angst rührt daher, dass ich weiß, dass ich einem statistischen Angreifer körperlich unterlegen bin. Sei es ein Jugendlicher, ein junger Erwachsener oder ein Mann mittleren Alters. Ja, in meinem Kopf männlich. Mit meiner sehr durchschnittlichen Körpergröße von 165 cm, meinem geringen Körpergewicht und meiner geringen Kampferfahrung bin ich für eine körperliche Auseinandersetzung nicht gewappnet. Schon gar nicht mit einem Angreifer, der Böses mit meinem Körper vorhat.

Meine Erfahrungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Männliche Wesen, haben sich ihren Körperbau zu Nutzen gemacht und gegen meinen Willen über meinen Körper verfügt. Zur vollständigen Transparenz: Ich habe keine Anzeige erstattet, demnach gehöre auch ich zur Dunkelziffer. Ein weiteres Indiz für mich, dass ich mit dieser Angst nicht alleine bin. Die Konsequenz des Wissens gepaart mit den Erfahrungen des Ohnmachtsgefühl lösen in mir Angst aus, wenn ich mich im Dunkeln befinde. Zu Recht oder zu Unrecht? Lange habe ich meine Angst selber auch nicht ernst genommen. Aber inzwischen kann ich sie mir selber eingestehen. Einmal ist schon einmal zu viel.

Wie beeinflusst die Angst mein Alltag?

Anlass für diesen Artikel war der Fußweg vom Bahnhof zum Hotel, im Dunkeln, am Sonntagabend, durch ein fremdes Industriegebiet, in einer fremden Stadt.
Eigentlich ist es für mich schon selbstverständlich, solche Reisen immer so zu planen, dass ich bei Tageslicht ankomme. Doch die Deutsche Bahn machte mir einen Strich durch die Rechnung. Schon bei der ersten Verspätung habe ich mir Gedanken über den kurzen Fußweg nun im Dunkeln gemacht. Sind meine Leggings zu aufreizend? Meine langen Haare werde ich unter einer Mütze verstecken. Natürlich habe ich meinem Freund live meinen Standort geteilt. Mein Pfefferspray war wie immer in der rechten Jackentasche, der Daumen am Auslöser. Ein ganz normaler Sonntagabend.
Ähnliche Gedanken kreisen auch in meinem Kopf, wenn es bereits Dunkel ist während ich nach der Arbeit im Parkhaus zu meinem Auto laufen muss. Oder wenn ich den Wocheneinkauf mache und die Parkplätze vorne am Eingang nicht frei sind. Oder wenn ich auf einem Festival mit einer Freundin zu den Toiletten laufe, oder wenn ich mit der S-Bahn bis zur Endhstation fahre und nur noch die laute Jungsgruppe mit mir im Waggon übrig bleibt, oder, oder, oder… Ganz normaler Alltag für mich als Frau. Angst als ständiger Begleiter.

Hast du auch schon mal diese Gedanken gehabt? Dann bist auch du nicht alleine. Wenn du männlich bist, dann sei dir bewusst, das diese Schilderungen abbilden, was es heißt eine Frau zu sein, auch hier in Deutschland in 2024. Nehme mit Bedacht die Sorgen und Ängste deiner Mitmenschen wahr und ernst.

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